
Welche Stimmlage anziehend wirkt und welche abschreckt
Der erste Reiz eines potenziellen Flirtpartners ist meist optischer Natur. Doch die Wissenschaft zeigt: Wie wir bei der Balz reden, intonieren und klingen, kann über Wohl und Wehe eines Annäherungsversuchs entscheiden. Was du über das Sprechen beim Flirten wissen musst.
„Unangenehm, laut, schrill, quiekend schlägt den anderen in die Flucht“
Diese Augen, dieses Lächeln, diese Aura: Die Dame zwei Tische weiter macht einen wundervollen Eindruck. Du streichst dir noch einmal durchs Haar, nimmst allen Mut zusammen und gehst auf sie zu. Der erste Flirtspruch, der erste Lacher und dann beginnt sie zu reden. Fünf Minuten später sitzt du im Auto – alleine. Flucht. Denn als die vermeintliche Traumfrau den Mund öffnete, waren es weniger ihre Worte, die dich abschreckten. Es war vielmehr eine fiepsige, überdreht wirkende Stimme. „Wenn etwas unangenehm, laut, schrill, quiekend klingt, schlägt das eher in die Flucht“, sagt der Stimmcoach Arno Fischbacher.
„Wer flirtet, verändert sein Klangspektrum“
Kann es wirklich sein, dass Tonlage und -farbe so entscheidend beim Flirten sind? Und wie. „Wer flirtet, verändert sein Klangspektrum“, sagt Fischbacher. „Aber nicht alle Menschen empfinden dieselben Stimmen erotisch. Neben biologisch wirksamen Mechanismen sind natürlich die persönlichen Prägungen und Vorlieben nicht zu unterschätzen“, so der Stimmcoach.
Zurück zur vorherigen Geschichte: Das Verhalten des Mannes war eindeutig eine Flucht. Und das aufgrund der Stimme. Die hohe Tonlage der Frau versprühte Unsicherheit und wenig Souveränität. Dabei gilt gerade eine tiefe Stimme ansprechend. Mehr noch, im Flirtmodus senken sowohl Männer als auch Frauen intuitiv ihre Stimmlage. Das hat die US-Wissenschaftlerin Susan Hughes 2004 in einer Studie an der State University of New York in Albany herausgefunden.
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
Eine tiefere Stimme hätte der Frau also geholfen, verführerischer auf den Mann zu wirken. Doch es gibt noch mehr, was sie hätte besser machen können: „Menschen sprechen und wirken in ihrer Wohlfühlstimmlage entspannt und souverän. Die Stimme bekommt so eine angenehme Klangfülle. Da hören Mann und Frau gerne hin. Wenn die Stimme wirkt, bekommen die Worte Bedeutung“, rät die Logopädin und Kommunikationstrainerin Cornelia Diesmann. Aber bitte werde bei aller Mühe nicht langweilig mit deiner Stimme. „Eine sehr monotone Sprache empfinden beide Geschlechter als langweilig, und das lässt Rückschlüsse darauf zu, wie ein Mensch gestrickt ist“, so Diesmann.
Das ist die perfekte weibliche Flirtstimme
Ein Forscherteam vom Londoner University College hat 2013 eine weitere wichtige Erkenntnis für Frauen gesammelt: Auch die Höhe der Stimme ist für die Attraktivität bei Männern entscheidend. Männer hörten bei dem Versuchsaufbau ein und denselben Satz in verschiedenen Tonlagen und -höhen, vorgetragen von derselben Frau. Männer fanden relativ hohe, aber auch zart hingehauchte Stimmen besonders schön. Sie bestätigten aber auch erneut, wogegen Männer eine Abneigung haben: Ist die Stimme zu hoch, zu piepsig oder zu kreischend, törnt das Männer eher ab. Die Erklärung dafür suchen die Wissenschaftler in evolutionsbiologischen Ursachen. Männer vermuten unterbewusst, dass Inhaberinnen schwacher Stimmen eher schwache Körper besitzen.
Was die Forscher auch herausfanden: Frauen bevorzugten im konkreten Experiment weichere Männerstimmen. Die Wissenschaftler nehmen an, dass Frauen dahinter intuitiv sanftere und harmlosere Gemüter vermuten. Sie folgern weiter, dass sich deshalb sogar die männlichen Stimmlippen in der Evolutionsgeschichte verändert haben – hin zu solchen, die aufgrund des Selektionsdrucks eher angenehmere und weniger bedrohliche Töne erzeugen.
Generell gilt: „Es sind weitgehend dieselben Eigenschaften, die eine Stimme sexy wirken lassen und die Erfolg im Beruf bescheren. Eine volle, gut sitzende und klare Stimme wird eher sexy empfunden“, sagt Stimmexperte Fischbacher.
Die Frauenstimme und die Macht der Hormone
Richtet sich die Anziehung der weiblichen Stimme nach ihrer Fruchtbarkeit? Da gibt es unterschiedliche Ansichten. „Dass Frauen während der fruchtbaren Tage stimmlich besonders verführerisch klingen, scheint weitverbreitet, aber dennoch ein Irrtum zu sein. Der derzeitige Stand der Wissenschaft geht davon aus, dass sich die Tonhöhe der Stimme während des Monatszyklus insgesamt zwar stark wandelt. Doch den Höhepunkt der Fruchtbarkeit, den Eisprung, verrät sie nicht“, sagt der Experte Fischbacher. Dem widersprechen Forschungsergebnisse des US-Psychologen Gordon Gallup aus dem Jahr 2008. Sein Versuch: Probandinnen zählten in unterschiedlichen Phasen ihres Zyklus bis zur Zahl zehn und wurden dabei auf Tonband aufgezeichnet. Frauen und Männer sollten daraufhin die Attraktivität der Stimmen bewerten. Beide Geschlechter empfanden die Stimmen der Frauen umso spannender, je mehr sie sich ihrer fruchtbarsten Phase näherten. Da ist der beste Praxistipp für Frauen wohl: Finde es doch einfach heraus.
Apropos Gallup, der Psychologe hat noch mehr über die Sexualität der Stimme herausgefunden. Wer mehr Sex hat, dessen Stimmorgan wird als leidenschaftlicher wahrgenommen als das von Menschen mit weniger sexuellen Kontakten. Auch dazu ließ er Teilnehmer auf Band sprechen – diesmal Personen beider Geschlechter. Die Probanden empfanden die Stimmen derjenigen, die ein reges Sexualleben haben, am anziehendsten.
„Nach dem Treffen wirkt vor allem die Stimme lange nach“
Generell ist die Stimme beim Flirt wichtiger als der konkrete Inhalt. „Die Stimme berührt und bringt eine Saite im Gegenüber zum Klingen. Wenn sich beide Flirtpartner ansprechend finden, ist entscheidender, wie man etwas sagt, als was man sagt. Nach dem Treffen wirkt vor allem die Stimme lange nach, sie bleibt haften“, sagt Cornelia Diesmann. Ganz unwesentlich allerdings sei der Inhalt nicht, denn bestimmte Wörter würden natürlich auch nachwirken, so die Kommunikationstrainerin.
Unerlässlich für einen möglichst erfolgreichen Flirt ist neben dem erfolgreichen Umgang mit der Stimme auch ihre Kombination mit anderen Faktoren. Cornelia Diesmann: „Vertrauen zu seinem Gegenüber aufbauen, basiert auf einer Stimme, die gefällt und eindrücklich ist, auf Worten, die wohlüberlegt sind, und auf einer Körpersprache, die echt ist. Wenn sich dann tiefe Blicke begegnen…“.
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